Hommage an zwei starke Frauen

Veröffentlicht am : 12-08-2020
Gisèle Halimi, die am 28. Juli dieses Jahres verstarb, und Tawhida Ben Cheikh, deren Portrait seit diesem Jahr eine Banknote ziert, symbolisieren eine Generation von tunesischen Frauen, die für die Gleichberechtigung von Mann und Frau kämpften.

Jedes Jahr am 13. August feiert Tunesien die Verabschiedung des Personenstandgesetzes durch Präsident Bourguiba im Jahr 1956, ein Gesetzestext zugunsten der Frauen, der in der arabischen Welt bis heute seinesgleichen sucht.
Damit war der Grundstein für eine Politik gelegt, die in weiterer Folge die Geburtenkontrolle und die allgemeine Schulbildung für Mädchen einführen sollte.
Eine Entwicklung, die den sehnlichsten Wünschen einer ganzen Generation von Frauen Rechnung getragen wurde. 

Gisèle Halimi, Anwältin der Frauenrechte

Nichts deutete darauf hin, dass Gisèle Halimi in Frankreich eine berühmte Rechtsanwältin und Aktivistin werden würde. Als Tochter einer armen und konservativen jüdischen Familie 1927 in der Nähe von Tunis geboren, hätte sie eigentlich mit 14 Jahren heiraten und das zurückgezogene Leben vieler Frauen jener Zeit führen sollen.
Dennoch wurde die junge Frau mit 22 Jahren Anwältin und Mitglied der Anwaltskammer von Tunis.
Mit viel Beharrlichkeit gelang ihr zunächst die Aufnahme am Lycée Armand-Fallières in Tunis und dann, mit nur 18 Jahren, die Fortsetzung ihres Studiums in Paris. Eine echte Herausforderung für ein junges Mädchen ihrer Zeit.
Sie entscheidet sich in Frankreich zu leben, wo sie zu einer berühmten Frauenrechtsaktivistin wird. Mit ihren unter großem Medieninteresse geführten Prozessen trug sie zur Weiterentwicklung der Rechtsprechung bei. So ebnet sie insbesondere den Weg für die Legalisierung der Abtreibung im Jahr 1975.

Tawhida Ben Cheikh, Ärztin und Aktivistin

Noch vor Gisèle Halimi war Tawhida Ben Cheikh die erste Tunesierin und eine der wenigen Frauen jener Zeit, die 1936 ein Doktorat in Medizin erlangte.
Tawhida wurde 1909 als Tochter einer wohlhabenden Familie geboren und war eine herausragende Schülerin. Nach ihrem Abitur im Jahr 1928 begann sie ein Medizinstudium in Frankreich und das trotz der Widerstände der Familie ihres Vaters und dank der Beharrlichkeit ihrer Mutter und der Unterstützung eines Arztes des Institut Pasteur in Tunis.
Nach ihrer Rückkehr nach Tunesien beschließt sie, sich für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Frauen ihres Landes einzusetzen. Sie wird Gynäkologin und unermüdliche Befürworterin der Geburtenkontrolle.
Sie wird zur Chefärztin der tunesischen Krankenhäuser ernannt – 1963 gründet sie dort die erste Abteilung für Familienplanung – und in weiterer Folge Direktorin für Familienplanung im Gesundheitsministerium. Sie setzt sich für das Recht auf Abtreibung ein, das in Tunesien ab 1973 eingeführt wird.
Sie ist in verschiedenen Institutionen (Roter Halbmond, Vereine zur Unterstützung von Müttern oder jungen Frauen …) tätig, wo sie als bescheidene und umgängliche Wohltäterin in Erinnerung blieb.

Schulbildung für Mädchen und Geburtenkontrolle: eine tunesische Besonderheit

Heute erzählen viele Tunesier und Tunesierinnen wie glücklich ihre Mütter oder ihre Großmütter waren, dass sie in die Schule gehen durften, oftmals dank der hartnäckigen Unterstützung ihrer eigenen Mutter. Oder sie erzählen von der Frustration jener, denen diese Möglichkeit verwehrt wurde.
Viele wissen auch, wie stark die Einführung der Familienplanung das Leben dieser Frauen verändert hat.
Die energische Gisèle, die diskrete Tawhida symbolisieren beide die für die Frauen jener Zeit so wichtigen Errungenschaften, Bildung und Freiheit.


Tawhida Ben Cheikh auf der neuen 10-Dinar-Banknote

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